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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 17.10.2001
Aktenzeichen: 3 Ws 390/01
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 56 f Abs. 1 Nr. 1 |
Oberlandesgericht Celle Beschluss
3 Ws 390/01 20 BRs 5/00 LG ####### 11 Js 3288/94 StA #######
in der Bewährungssache
hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der 9. Strafkammer des Landgerichts ####### vom 12. Juni 2001 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### am 17. Oktober 2001 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.
Gründe:
I.
Das Landgericht ####### hatte den Verurteilten am 16. Oktober 1995 wegen Diebstahls im besonders schweren Fall in fünf Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung, sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts ####### vom 1. September 1995 (1 Jahr 10 Monate Gesamtfreiheitsstrafe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 13 Fällen und unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 60 Fällen) in das wiederum die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts ####### vom 14. Dezember 1994 (1 Jahr Freiheitsstrafe wegen Diebstahls in 3 Fällen jeweils in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis) einbezogen worden war, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 3 Monaten verurteilt. Nach den Zumessungserwägungen hatte die Strafkammer "unter Zurückstellung erheblicher Bedenken" auf diese milde Strafe u. a. erkannt, um dem Ver- urteilten unter Ausnutzung der Möglichkeiten der §§ 35, 36 BtMG als "vielleicht letzte Chance" ein Verbleiben in der ab Juni 1995 durchgeführten Therapie zu ermöglilichen, in der er sich "engagiert und intensiv" gezeigt habe. Nachdem die Therapieeinrichtung unter dem 24. Oktober 2000 mitgeteilt hatte, die Therapie sei am 3. Juli 2000 erfolgreich beendet worden, der Verurteilte habe sich "aus unserer Sicht für eine legale Lebensführung entschieden", wolle sogleich nach seiner Entlassung eine ambulante Therapie aufnehmen, und er werde in günstige äußere Bedingungen entlassen, hat die Strafkammer die Vollstreckung des Strafrestes nach Verbüßung von mehr als zwei Dritteln durch Anrechnung von Therapien am 8. November 2000 für die Dauer von 3 Jahren zur Bewährung ausgesetzt, dem Verurteilten eine Bewährungshelferin bestellt und ihm eine Therapieauflage gemacht.
Zur Belehrung über die Bedeutung der Aussetzung, zu der der Verurteilte am 29. November 2000 geladen worden war, erschien er nicht, sodass er schriftlich belehrt werden musste. Um die Aufnahme einer ambulanten Therapie hat er sich - soweit ersichtlich - nicht bemüht, und er ist erstmals am 22. Februar 2001 bei seiner Bewährungshelferin erschienen, nachdem er bereits am 25. Januar 2001 erneut straffällig geworden war. Weil er deswegen am 27. Februar 2001 - rechtskräftig seit dem 21. März 2001 - wegen unerlaubten Betäubungsmittelbesitzes zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt worden war, und nachdem er sich zu dem ihm mitgeteilten Widerrufsantrag nicht geäußert hatte, hat die Strafkammer die Aussetzung zur Bewährung widerrufen.
II.
Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit der sofortigen Beschwerde.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Gründe des angefochtenen Beschlusses treffen im Ergebnis weiterhin zu. Der Verurteilte ist - wie sich im Beschwerdeverfahren herausgestellt hat - nach seiner Entlassung nicht nur durch den Strafbefehl vom 27. Februar 2001 verurteilt worden; er hatte weiter in der Bewährungszeit am 11. Mai 2001 einen Diebstahl geringwertiger Sachen begangen und musste deswegen am 25. Juli 2001 - rechtskräftig seit dem 31. August 2001 - zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt werden. Schließlich wurde er am 7. September 2000 - rechtskräftig seit dem selben Tage - wegen unerlaubten Betäubungsmittelhandels in zwei Fällen - begangen am 18. März und 13. April 2001 - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Zwar wurde die Vollstreckung dieser Strafe durch das Amtsgericht auf 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Das steht indessen dem Widerruf hier nicht entgegen. Denn von dem Grundsatz, dass der zuletzt aufgrund mündlicher Hauptverhandlung entscheidende Tatrichter über bessere Erkenntnismöglichkeiten zur Prognose verfügt als die mit dem Widerrufsverfahren befassten Gerichte, sodass seiner Beurteilung in der Regel der Vorrang gebührt, ist dann abzuweichen, wenn die neuen Erwägungen zur Aussetzung der Vollstreckung eher Anhaltspunkte für eine negative als für eine trotz neuer Straftaten ausreichend günstige Prognose ergeben (vgl. BVerfG NStZ 1985, 357; 1987, 118; NJW 1995, 713; Senatsbeschluss vom 23. April 1990 - 3 Ws 191/89 - ; OLG Frankfurt NStZ - RR 1996, 59; Tröndle/ Fischer, StGB, 50. Aufl. § 56 f Rn. 3 e m. w. N.), und wenn die Entscheidung von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht oder formelhaft oder schematisch begründet worden ist (vgl. OLG Düsseldorf VRS 1989, 33; NZV 1998, 163).
So liegt es hier. Die Aussetzungserwägungen in dem angefochtenen Urteil lauten - nach Darstellung der letzten 3 von bis dahin insgesamt 25 Eintragungen im Strafregister für die Zeit ab 1981, aus denen sich ergibt, dass der Verurteilte zur Zeit der erneuten Straffälligkeit zumindest wegen zweier weiterer Strafreste (neben dem in der vorliegenden Sache) unter Bewährung stand:
"Trotz erheblicher Bedenken hat das Gericht die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, da der Angeklagte glaubhaft bekundet hat, zur Zeit clean zu sein. Der Angeklagte strebt nach eigenen Angaben jetzt einen ernsthaften Versuch an, mit Hilfe einer Langzeittherapie von seiner Drogensucht loszukommen."
Das reicht angesichts der zahlreichen einschlägigen Vorverurteilungen aufgrund von Strafen im Zusammenhang mit der langjährigen Drogensucht und den mehrfachen - zum Teil als erfolgreich bewerteten - Therapien nicht aus, zumal dem Verurteilten auch bei der letzten Entlassung aus der Therapie am 3. Juli 2000 gute Entlassungsbedingungen und eine günstige Prognose insbesondere wegen der ihm geglaubten eigenen Entscheidung für eine legale Lebensführung mit Plänen für die Fortsetzung der Therapie auf ambulantem Wege attestiert worden war und er gleichwohl nach der Entlassung bereits am 25. Januar 2001 und danach erneut am 18. März, 13. April und 11. Mai 2001 jeweils einschlägige Straftaten begangen hat. Dem Amtsgericht war auch offenbar der - angefochtene - Widerrufsbeschluss der Strafkammer vom 23. Juni 2001 nicht bekannt, ebenso wie die Straftaten vom 18. März, 14. April und 11. Mai 2001. Unter diesen Umständen kann von dem Verurteilten nicht allein aufgrund seiner vagen Angaben über eine erneut beabsichtigte Therapie - für die auch nach seinem Beschwerdevorbringen erst "die Kostenzusage und Bewerbung ... in Arbeit" ist - eine konkrete Änderung in seinem Verhalten erwartet werden.. Bei der Beurteilung insoweit bedarf es einer Auseinandersetzung mit dem bisherigen Verhalten einschließlich der jeweiligen Angaben des Verurteilten zu seinem zukünftigen Verhalten und der Gegenüberstellung mit der nachfolgenden tatsächlichen Entwicklung. Danach war eine Änderung im Verhalten des Verurteilten nicht festzustellen. Der Verlauf nach der Entlassung auf Bewährung im November 2000 lässt vielmehr erkennen, dass die neuen Rückfälle nicht allein durch die vom Verurteilten geltend gemachte Erkrankung verursacht worden sind, sondern auf einer Fortsetzung seines bisherigen Lebenswandels beruhen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Ende der Entscheidung
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